K107 The Owl and the Pussy-Cat
for voice and piano – Die Eule und das [Mieze-]Kätzchen für Stimme [Sopran] und Klavier – Le Hibou et la minette pour chant et piano – La Civetta ed il Gattino per voce [soprano] e pianoforte
Inhalt: (I:) Eine Eule und ein Mieze-Kätzchen fahren auf einem leuchtend grünen Boot zur See. Sie haben etwas Honig und viel Geld bei sich, das in eine Fünf-Pfund-Note eingewickelt ist. Die Eule schaut zu den Sternen auf und singt zur Gitarre das Kätzchen an, wie schön es doch sei. (II:) Das Kätzchen bewundert den edlen Vogel ( elegant fowl ), wie bezaubernd er sänge, und schlägt vor, mit der Heirat nicht länger zu warten. Aber sie haben keinen Ring. Und so segeln sie über Jahr und Tag weiter, bis sie in das Land kommen, wo der Bongbaum wächst. Dort steht in einem Wald ein Ferkelchen mit einem Ring an der Nasenspitze. (III:) Das Schweinchen ist bereit, ihnen den Ring zu verkaufen, und sie heiraten noch am nächsten Tag vor dem Truthahn. Anschließend essen sie Quittenscheiben und tanzen am Ufer des Meeres im Lichte des Mondes.
Vorlage: Die literarische Vorlage ( poem ) stammt von Edward Lear (London 12. Mai 1812 – San Remo 18. Januar 1888), dem Meister der englischen nonsense poetry und des schwarzen, gesellschaftskritisch-bösen Humors, der vor allem den vermutlich aus Irland stammenden Limerick, ursprünglich gesungene Stegreifverse, als meist fünfzeilige englische Strophenform volkstümlich machte. Die Niedlichkeit und Popularität seines Eulen-Katzen-Gedichtes verkörpert nur einen kleinen Teil der Dichterpersönlichkeit Lears, der Dichter und Maler war. The Owl and the Pussy-Cat ist aber kein Limerick, sondern ein Dreistrophen-Text mit kunstvoller Binnentechnik. Jede Strophe ist elfzeilig gearbeitet, wobei sich nicht nur die zweite und vierte sowie die sechste und achte Zeile reimen, sondern auch innerhalb der Zeilen Reimpaare gebildet werden. Die beiden letzten Wörter der achten Zeile werden stets in der neunten und zehnten wiederholt, worauf dann die achte Zeile als elfte Zeile die Strophe abschließt. Die Strophen sind eigentlich achtversig, wobei der achte und letzte Vers durch Wiederholung identischer Versenden (Vers 8 mit Versen 9, 10 und 11) zu einer Art von Kehrvers/Refrain wird. Davon abgesehen sind die acht Verse aus Jambus und Anapäst wechselnd vier- und dreihebig und nur in der ersten Strophe durch Kreuzreim gebunden. In den Strophen zwei und drei wird das Schema abgewandelt: es reimen sich nur noch die Verse zwei und vier, sechs und acht. Die Verse eins und drei, fünf und sieben reimen sich nicht mehr. Abweichend von der ersten Strophe finden sich jedoch Drittelzäsuren und zwischen den Versteilen Binnenreime.
Übersetzung: Die französische Übersetzung stammt von Francis Steegmuller.
Aufbau: Das Klavierlied ist taktstrichlos syllabisch ohne Tonartvorgabe im Ambitus d1 bis dis2 ohne Metrumangaben in überwiegend Drei- bzw. Zwölfachtel-Struktur seriell durchkomponiert und auf ungefähr ( circa ) Achtel = 140 metronomisiert.
Reihe: d-e-h-cis1-ais-gis-g-a-c1-dis1-fis1-f1.
Stil: Die Gesangsstimme verläuft rezitativisch-kantabel. Das Klavier wird ohne klavieristischen Anspruch in beiden Händen einstimmig und meist unisono geführt. Die drei Strophenanfänge beginnen materialidentisch. Das wie kein anderes Strawinsky-Lied originell-eigentümliche Stück hört sich wie eine unendliche Form an, die weiterkomponierbar ist. Die Technik, den Klavierton häufig zwischen die Gesangstöne zu setzen, erzeugt ein Klangbild nach Art des punktuellen Serialismus. Die Partitur wirkt notenleer, ist aber strukturell sehr dicht verwoben, wobei Melodie- und Klavierstimme nach Art der Antizipation miteinander verbunden werden.
Aufführungspraxis: Die Wirkung des Stückes hängt von der Charakterisierungs- und Interpretationskunst der Sängerin ab. Ein und dieselbe Intervallkombination muss je nach Textbedeutung der Vorlage unterschiedlich wiedergegeben werden, weil Strawinsky die auftretenden Tiere und die entstehenden Situationen personifiziert. Das Miau der Katze und das Liebesschnurren werden ebenso dargestellt wie der Gesang zur Gitarre oder der Hochzeitstanz. Den Grunzton des Ferkelchens sprach Strawinsky eigens an, möglicherweise deshalb, weil Adrienne Albert in der Strawinsky-Edition von 1967 diesen Effekt unterdrückte.
Widmung: > to VERA < [für Vera]*.
* Strawinsky.
Dauer: 2' 32".
Entstehungszeit: Oktober 1966.
Uraufführung: 31. Oktober 1966 in Los Angeles im Rahmen der Monday Evening Concerts mit der Sopranistin Peggy Bonini und mit Ingolf Dahl am Klavier.
Bemerkungen: Strawinsky war ein Katzenfreund und traf sich in dieser Neigung mit seiner zweiten Frau Vera de Bosset. Diese wiederum hatte als erste englische poetische Fremdsprachenlektüre seinerzeit Lears in England wie in Frankreich populär gewordenes Eulen-Katzen-Gedicht kennen- und schätzen gelernt und übertrug diese Liebe später auch auf die französische Übertragung von Francis Steegmuller, mit der Igor Strawinsky zeitlich vor dem englischen Original bekannt geworden war. Das Gedicht, das Vera Strawinsky in jungen Jahren auswendig gelernt hatte, dürfte in seinem Geschehnisablauf als Parallele zum Verhältnis Igor-Vera und somit als letzte Liebeserklärung Strawinskys an seine zweite Frau zu deuten sein: Die Schönheit der „Katze“, die bezaubernde Musik der „Eule“, das jahrelange Warten auf die eheliche Verbindung lässt gleichnishafte, auch körperliche Bezüge erkennen.
Bedeutung: Nach der Fertigstellung des Klavierliedes erlosch die Produktionskraft des zur Zeit der Komposition 84jährigen Strawinsky, so dass mit The Owl and the Pussy-cat der Werkkatalog der selbständigen Werke Strawinskys endet. Strawinsky instrumentierte nur noch zwei geistliche Lieder von Hugo Wolf und vier Stücke aus dem Wohltemperierten Klavier von Johann Sebastian Bach.
Fassungen: Das Lied wurde im Februar 1967 durch Boosey & Hawkes gedruckt und erschien im selben Jahr. Der Verlagsvertrag zwischen Strawinsky und Boosey & Hawkes wurde am 7. Dezember 1966 geschlossen. Die späteren Ausgaben erschienen ohne Endevermerk und oberhalb Kopftitel rechtsbündig mit dem gekasteten Rechtsschutzvorbehalt >IMPORTANT NOTICE / The unauthorized copying / of the whole or any part of / this publication is illegal<.
Historische Aufnahme: 18. August 1967 mit Adrienne Albert (Sopran) und Robert Craft am Klavier unter der Leitung von Igor Strawinsky.
CD-Edition: VIII-2/37.
Autograph: ungeklärt; die Skizzen erhielt Robert Craft am 31. März 1968 von Strawinsky als Geschenk. Strawinsky und Craft waren sich am 31. März 1948, dem Tag, an dem Auden Strawinsky das Textbuch zur Oper The Rake's Progress übergab, zum ersten Mal begegnet und feierten im Beisein Christopher Isherwoods das zwanzigjährige Jubiläum ihrer Bekanntschaft.
Copyright: 1967 durch Boosey & Hawkes; aus dem Nachlassbefund ergibt sich der Hinweis auf ein Copyright 1966 auf Strawinskys eigenen Namen.
Ausgaben
a) Übersicht
107-1 1967 Ges.-Kl.; e; Boosey & Hawkes London; 8 S. 4°; B. & H. 19521.
107-1[67+] ibd.
b) Identifikationsmerkmale
107-1 Igor Stravinsky / The Owl and / the Pussy-Cat / for voice and piano / Boosey & Hawkes // Igor Stravinsky / The Owl and / the Pussy-Cat / for voice and piano / First performance: Monday Evening Concerts, Los Angeles, October 31st, 1966. / Soprano: Peggy Bonini. Piano: Ingolf Dahl. / Boosey & Hawkes / Music Publishers Limited / London · Paris · Bonn · Johannesburg · Sydney · Toronto · New York // (Gesang-Klavier-Ausgabe rotfadengeheftet 23,4 x 30,9 (4°); Singtext englisch; 8 [7] Seiten hellrot auf grünbeige + 4 Seiten Umschlag [Außentitelei, 2 Leerseiten, Seite mit verlagseigener Werbung >Igor Stravinsky<* Stand >No. 40< [#] >7.65<] + 1 Seite Vorspann [Innentitelei] ohne Nachspann; Kopftitel >The Owl and the Pussy-Cat<; Widmung unterhalb Kopftitel mittig kursiv > to VERA <; Autorenangabe 1. Notentextseite paginiert S. 2 unter Kopftitel rechtsbündig zentriert >IGOR STRAVINSKY / 1966< linksbündig zentriert >Poem by / EDWARD LEAR<; Rechtsschutzvorbehalt 1. Notentextseite unterhalb Notenspiegel linksbündig >© Copyright 1967 by Boosey & Hawkes Music Publishers Ltd.< rechtsbündig >All rights reserved / Tonsättning förbjudes< S. 8 unterhalb Notenspiegel mittenzentriert >Application for permission to perform this work in public should be made to / The Performing Right Society Ltd., 29-33 Berners St., London, W.1.<; Herstellungshinweis 1. Notentextseite unterhalb Notenspiegel unter Rechtsvorbehalt rechtsbündig >Printed in England<; Platten-Nummer >B. & H. 19521<; Ende-Nummer >2.·67. E.<) // (1967)
* Angezeigt werden ohne Niederlassungsangaben zweispaltig ohne Editionsnummern und ohne Preisangaben >Operas and Ballets° / Agon [#] Apollon musagète / Le baiser de la fée [#] Le rossignol / Mavra [#] Oedipus rex / Orpheus [#] Perséphone / Pétrouchka [#] Pulcinella / The flood [#] The rake’s progress / The rite of spring° / Symphonic Works° / Abraham and Isaac [#] Capriccio pour piano et orchestre / Concerto en ré (Bâle) [#] Concerto pour piano et orchestre / [#] d’harmonie / Divertimento [#] Greetings°° prelude / Le chant du rossignol [#] Monumentum / Movements for piano and orchestra [#] Quatre études pour orchestre / Suite from Pulcinella [#] Symphonies of wind instruments / Trois petites chansons [#] Two poems and three Japanese lyrics / Two poems of Verlaine [#] Variations in memoriam Aldous Huxley / Instrumental Music° / Double canon [#] Duo concertant / string quartet [#] violin and piano / Epitaphium [#] In memoriam Dylan Thomas / flute, clarinet and harp [#] tenor, string quartet and 4 trombones / Elegy for J.F.K. [#] Octet for wind instruments / mezzo-soprano or baritone [#] flute, clarinet, 2 bassoons, 2 trumpets and / and 3 clarinets [#] 2 trombones / Septet [#] Sérénade en la / clarinet, horn, bassoon, piano, violin, viola [#] piano / and violoncello [#] / Sonate pour piano [#] Three pieces for string quartet / piano [#] string quartet / Three songs from William Shakespeare° / mezzo-soprano, flute, clarinet and viola° / Songs and Song Cycles° / Trois petites chansons [#] Two poems and three Japanese lyrics / Two poems of Verlaine° / Choral Works° / Anthem [#] A sermon, a narrative, and a prayer / Ave Maria [#] Cantata / Canticum Sacrum [#] Credo / J. S. Bach: Choral-Variationen [#] Introitus in memoriam T. S. Eliot / Mass [#] Pater noster / Symphony of psalms [#] Threni / Tres sacrae cantiones°< [° mittenzentriert; °° Titelfehler original].
107-1[67+] Igor Stravinsky / The Owl and / the Pussy-Cat / for voice and piano / Boosey & Hawkes // Igor Stravinsky / The Owl and / the Pussy-Cat / for voice and piano / First performance: Monday Evening Concerts, Los Angeles, October 31st, 1966. / Soprano: Peggy Bonini. Piano: Ingolf Dahl. / Boosey & Hawkes / Music Publishers Limited / London · Paris · Bonn · Johannesburg · Sydney · Toronto · New York // (Gesang-Klavier-Ausgabe klammergeheftet 23,4 x 30,9 (4°); Singtext englisch; 8 [7] Seiten braunrot auf grünbeige + 4 Seiten Umschlag [Außentitelei, 2 Leerseiten, Seite mit verlagseigener Werbung >Igor Stravinsky<* Stand >No. 40< [#] >7.65<] + 1 Seite Vorspann [Innentitelei] ohne Nachspann; Kopftitel >The Owl and the Pussy-Cat<; Widmung unterhalb Kopftitel mittig kursiv > to VERA <; Autorenangabe 1. Notentextseite paginiert S. 2 unter Kopftitel rechtsbündig zentriert >IGOR STRAVINSKY / 1966< linksbündig zentriert >Poem by / EDWARD LEAR<; Rechtsschutzvorbehalte 1. Notentextseite oberhalb Kopftitel rechtsbündig gekastet >IMPORTANT NOTICE / The unauthorized copying / of the whole or any part of / this publication is illegal< unterhalb Notenspiegel linksbündig >© Copyright 1967 by Boosey & Hawkes Music Publishers Ltd.< rechtsbündig >All rights reserved / Tonsättning förbjudes< S. 8 unterhalb Notenspiegel mittig zentriert >Application for permission to perform this work in public should be made to / The Performing Right Society Ltd., 29-33 Berners St., London, W.1.<; Herstellungshinweis 1. Notentextseite unterhalb Notenspiegel unter Rechtsschutzvorbehalt rechtsbündig >Printed in England<; Platten-Nummer >B. & H. 19521<; ohne Endevermerk) // [1967+]
* Angezeigt werden ohne Niederlassungsangaben zweispaltig ohne Editionsnummern und ohne Preisangaben >Operas and Ballets° / Agon [#] Apollon musagète / Le baiser de la fée [#] Le rossignol / Mavra [#] Oedipus rex / Orpheus [#] Perséphone / Pétrouchka [#] Pulcinella / The flood [#] The rake’s progress / The rite of spring° / Symphonic Works° / Abraham and Isaac [#] Capriccio pour piano et orchestre / Concerto en ré (Bâle) [#] Concerto pour piano et orchestre / [#] d’harmonie / Divertimento [#] Greetings°° prelude / Le chant du rossignol [#] Monumentum / Movements for piano and orchestra [#] Quatre études pour orchestre / Suite from Pulcinella [#] Symphonies of wind instruments / Trois petites chansons [#] Two poems and three Japanese lyrics / Two poems of Verlaine [#] Variations in memoriam Aldous Huxley / Instrumental Music° / Double canon [#] Duo concertant / string quartet [#] violin and piano / Epitaphium [#] In memoriam Dylan Thomas / flute, clarinet and harp [#] tenor, string quartet and 4 trombones / Elegy for J.F.K. [#] Octet for wind instruments / mezzo-soprano or baritone [#] flute, clarinet, 2 bassoons, 2 trumpets and / and 3 clarinets [#] 2 trombones / Septet [#] Sérénade en la / clarinet, horn, bassoon, piano, violin, viola [#] piano / and violoncello [#] / Sonate pour piano [#] Three pieces for string quartet / piano [#] string quartet / Three songs from William Shakespeare° / mezzo-soprano, flute, clarinet and viola° / Songs and Song Cycles° / Trois petites chansons [#] Two poems and three Japanese lyrics / Two poems of Verlaine° / Choral Works° / Anthem [#] A sermon, a narrative, and a prayer / Ave Maria [#] Cantata / Canticum Sacrum [#] Credo / J. S. Bach: Choral-Variationen [#] Introitus in memoriam T. S. Eliot / Mass [#] Pater noster / Symphony of psalms [#] Threni / Tres sacrae cantiones°< [° mittenzentriert; °° Titelfehler original].
K Catalog: Annotated Catalog of Works and Work Editions of Igor Strawinsky till 1971, revised version 2014 and ongoing, by Helmut Kirchmeyer.
© Helmut Kirchmeyer. All rights reserved.
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