K82 Praeludium
for Jazz ensemble – Praeludium für Jazz-Ensemble – Preludium (Prélude) pour ensemble de jazz – Preludio per un ensemble jazz
Titel: Der Titel ist auf seine Weise stilistisch bemerkenswert, da er nicht unbedingt ein Jazz-Stück ankündigt, sondern ein Stück für im Jazz benutzte Musikinstrumente, zu denen Strawinsky später offensichtlich auch die Celesta zählte.
Besetzung: a) Erstausgabe*: 2 Alto Saxophones in E b, 1 Tenor Saxophone in B b, 1 Baritone Saxophone in E b, 3 Trumpets in B b, 2 Trombones, 3 Solo Violins, 1 Viola, 1 Violoncello, Contrabass, Guitar, Timpani and Snare Drum [ 2 Alt-Saxophone in Es, Tenor-Saxophon in B, Bariton-Saxophon in Es, 3 Trompeten in B, 2 Posaunen, 3 Solo-Violinen, 1 Viola, 1 Violoncello, Celesta, 1 Kontrabass, Gitarre, Pauken, kleine Trommel ]; b) Aufführungsanforderungen: = a), Pauken in Es und B.
* In der Orchesterlegende der Druckausgabe wurde die Celesta vergessen.
Partitur: In der Originalfassung von 1937 fehlen Celesta, Gitarre und Solo-Streicher; die Celesta ersetzte das zu erwartende Klavier, die Gitarre das zu erwartende Banjo der damaligen Instrumental-Schemata des Verlags.
Aufführungspraxis: Die Partien von Celesta, Pauken und kleiner Trommel sind so angeordnet, dass sie von einem einzigen Spieler bedient werden können. Die kleine Trommel wird ausschließlich in den ersten 5 Takten der Einleitung gewirbelt benötigt, die Celesta nur in den 6 Takten 6-8 und 27-29, die Pauken in den 17 Takten 9-10, 14-19, 24-26, 30-35. Zum Instrumentenwechsel bleibt genügend Zeit.
Aufbau: Das Praeludium ist ein einsätzig solistisch bestimmtes Orchesterstück im Umfang von 35 Takten mit durchgehender Tempovorschrift Achtel = 76. Eine fünftaktige Einleitung nach Zirkus-Art mit einem durchgehaltenen Trommelwirbel und einem Solo der ersten Trompete in den Takten 2 bis 4 über ein mehrfach permutiertes viertöniges Signalmotiv aus übermäßiger Sext, Quinte und großer Sext gibt eine Dreitaktmotivik vor, die das Stück kompositorisch bestimmt und die Kombinationen 3 + 2 und 3 + 3 der solistischen Abschnitte begründet. Die in der Einleitung der ersten Trompete zugewiesene Melodieführung wird von der Celesta (Ziffer A) übernommen, dann vom ersten Alt-Saxophon (Ziffer B), dann wieder von der ersten Trompete (Ziffer C 1-3), dann von beiden Alt-Saxophonen (Ziffer C 4bis Ende Ziffer D). Die Celesta-Reprise (Ziffer E 1-3) leitet eine Art Koda ein, deren Solo-Spiel ab Ziffer E 4wie zu Beginn bis zum Präludium-Ende Ziffer F 3bei der ersten Trompete liegt. Die übrigen Bläser und Streicher, Gitarre und Pauken begleiten in wechselnder Besetzung mit Schlagakkorden, sofern sie nicht ganz schweigen.
Die Einleitung, die dem Präludium eine Dreitaktmotivik vorgibt, klingt mit dem Trommelwirbel aus. Der erste Ziffernabschnitt A beginnt mit der Motivübernahme durch die Celesta, der die 2. Trompete mit einem ausgehaltenen Orgelpunkt-Ton so entgegen steht wie vordem der Trommelwirbel der 1. Trompete. Wie in der Einleitung sind es 3 Takte, die in eine zweitaktige Rhythmus-Konstruktion nach Ragtime-Art münden, bei der die Blasinstrumente Schlagzeugcharakter annehmen. Im 2. Abschnitt Ziffer B bleibt es bei der Konstruktion von 3 Solotakten, diesmal vom 1. Altsaxophon gespielt, und weiteren 2 Solo-Takten mit unterlegtem Schlagspiel von Trompeten, Kontrabass, Gitarre und Pauke. Mit dem Beginn von Ziffer C geht das Altsaxophon-Solo unter von Streichern verstärktem Schlagspiel für 3 Takte an die 1. Trompete und schließlich für weitere 3 Takte unter Verzicht auf die Schlagakkordik und nur von Violoncello und Kontrabass pizzicato-begleitet an die beiden Altsaxophone, die auch im ganzen fünftaktigen Abschnitt der Ziffer D solistisch bestimmend bleiben. Die ersten 3 Takte von Ziffer E sind eine wörtliche Wiederholung der ersten 3 Takte von Ziffer A und leiten eine Art von verschwiegener Koda ein. Das Solospiel geht bis zum Schluss wieder an die 1. Trompete zurück, die von den Streichern, der Gitarre und den Pauken mit Schlagakkordik begleitet wird. Die Saxophongruppe und die beiden anderen Trompeten schweigen.
Aufriss
Die Partitur enthält keine eingezeichnete Binnen- oder Untergliederung.
Stil: Das Präludium übernimmt aus dem Jazz-Bereich das Ragtime-Rhythmus-Schema und verbindet es mit einer dem Blues nachempfundenen solistischen Melodieführung. Das Präludium wirkt verhalten mezzavoce und lässt, für Strawinsky ungewöhnlich, für die Abfolge der solistisch eingesetzten und von eher weichen Schlagakkorden begleiteten Soloinstrumente eine expressiv gespielte Linienführung zu, die in Strawinskys eigener Interpretation versonnen klingt und etwas von der Melancholie wiedergibt, für die der Blues auch von der Sprachbezeichnung her steht. Die 5 Eingangstakte lassen Zirkus-Atmosphäre und die Erinnerung an Stücke wie „Mawra“ oder „Renard“ aufkommen.
Widmung: Es ist keine Widmung bekannt.
Dauer: zwischen anderthalb und zwei Minuten.
Entstehungszeit: Es wurde im Dezember 1936 in Paris begonnen, als Komposition während der dritten Amerika-Reise am 6. Februar 1937 in New York fertig gestellt und im Juni 1953 durch Hinzufügung von Celesta, Gitarre und Solostreichern zu Ende instrumentiert.
Uraufführung: am 18. Oktober 1953 in Los Angeles im Rahmen der Konzerte Evenings on the Roof unter der Leitung von Robert Craft.
Bemerkungen: Welche unmittelbaren Anlässe zur Komposition des Stückes führten, ist offensichtlich nicht bekannt. Wohl besteht eine Verbindung zu dem Jazzmusiker Leo Reichman. Man vermutet nicht zuletzt aus dem Titel Präludium, dass Strawinsky eine Suite ähnlicher Stücke plante, zu denen das Präludium eine Art von Ouverture bilden sollte. Zur Ausführung ist es nicht mehr gekommen. Nach der Art, wie Strawinsky zu komponieren pflegte, muss für das Stück ein Anlass oder wenigstens eine Art von Auftrag bestanden haben, der dann aus irgendwelchen Gründen zurückgenommen wurde oder, wie bei seinen Filmaufträgen, nicht zustande kam. Es dauerte noch bis 1968, bevor eine Veröffentlichung erfolgte; doch wurde das Jazz-Präludium schon 1965 unter der Leitung Strawinskys auf Tonträger aufgenommen.
Fassungen: Die Originalfassung von 1937 >IStrawinsky / New York / 6 thof Febr. 37< ohne Celesta, Gitarre und Solo-Streicher sowie eine fertig gestellte Klaviertranskription (teilweise auf drei Systeme geschrieben), ist zu Lebzeiten Strawinskys nicht erschienen. Der Verlag Boosey & Hawkes, mit dem Strawinsky am 2. Mai 1968 den Verlagsvertrag schloss, brachte im Spätherbst 1968 eine Dirigierpartitur, aber weder Klavierauszug noch Taschenpartitur heraus. Der Londoner Belegexemplar-Eingang der Orchesterpartitur trägt das Datum 23. Oktober 1968. Die Stimmen waren leihweise erhältlich. In der buchstabenbezifferten Partitur werden die drei Solo-Violinen mit den Buchstaben A, B und C gekennzeichnet.
Historische Aufnahme: New York City 27. April 1965 mit dem Columbia Jazz Ensemble unter der Leitung von Igor Strawinsky.
CD-Edition: VII-1/1.
Autograph: Paul Sacher Stiftung Basel.
Copyright: © 1968 by Boosey & Hawkes Music Publishers Ltd.; aus den Nachlassunterlagen geht hervor, dass Strawinsky 1937 ein Copyright auf seinen Namen erwarb oder erwerben wollte.
Ausgaben
a) Übersicht
82-1 1968 Dp; Boosey & Hawkes London; 11 S.; B. & H. 19718.
b) Identifikationsmerkmale
82-1 IGOR STRAVINSKY / PRAELUDIUM / for Jazz ensemble / Full Score/ BOOSEY & HAWKES // IGOR STRAVINSKY / PRAELUDIUM / for Jazz ensemble / Full Score/ BOOSEY & HAWKES / Music Publishers Limited / London · Paris · Bonn · Johannesburg · Sydney · Toronto · New York// (Dirigierpartitur rotfadengeheftet 23,4 x 31 (4° [4°]); 11 [9] Seiten + 4 Seiten Umschlag tomatenrot auf grüngrau [Außentitelei, 2 Leerseiten, Seite mit verlagseigener Werbung >Igor Stravinsky<* Stand >No. 40< [#] >7.65<] + 2 Seiten Vorspann [Innentitelei, Orchesterlegende >Instrumentation< englisch + Spieldauerangabe > ca. 2 minutes< englisch] + 1 Seite Nachspann [Leerseite]; Kopftitel >PRAELUDIUM / for Jazz Ensemble<; Autorenangabe 1. Notentextseite paginiert S. 3 unterhalb Kopftitel rechtsbündig >IGOR STRAVINSKY / 1937 *< + Asterisk-Anmerkung unterhalb Notenspiegel linksbündig >* The string parts were added in June 1953<; Rechtsschutzvorbehalt 1. Notentextseite unterhalb Notenspiegel unter Asteriskvermerk linksbündig >© 1968 by Boosey & Hawkes Music Publishers Ltd.< rechtsbündig >All rights reserved<; Herstellungshinweis 1. Notentextseite unterhalb Notenspiegel unter Rechtsschutzvorbehalt rechtsbündig >Printed in England<; Platten-Nummer >B. & H. 19718<; ohne Endevermerke) // (1968)
* Angezeigt werden ohne Niederlassungsangaben zweispaltig ohne Editionsnummern und ohne Preisangaben >Operas and Ballets° / Agon [#] Apollon musagète / Le baiser de la fée [#] Le rossignol / Mavra [#] Oedipus rex / Orpheus [#] Perséphone / Pétrouchka [#] Pulcinella / The flood [#] The rake’s progress / The rite of spring° / Symphonic Works° / Abraham and Isaac [#] Capriccio pour piano et orchestre / Concerto en ré (Bâle) [#] Concerto pour piano et orchestre / [#] d’harmonie / Divertimento [#] Greetings °° prelude / Le chant du rossignol [#] Monumentum / Movements for piano and orchestra [#] Quatre études pour orchestre / Suite from Pulcinella [#] Symphonies of wind instruments / Trois petites chansons [#] Two poems and three Japanese lyrics / Two poems of Verlaine [#] Variations in memoriam Aldous Huxley / Instrumental Music° / Double canon [#] Duo concertant / string quartet [#] violin and piano / Epitaphium [#] In memoriam Dylan Thomas / flute, clarinet and harp [#] tenor, string quartet and 4 trombones / Elegy for J.F.K. [#] Octet for wind instruments / mezzo-soprano or baritone [#] flute, clarinet, 2 bassoons, 2 trumpets and / and 3 clarinets [#] 2 trombones / Septet [#] Sérénade en la / clarinet, horn, bassoon, piano, violin, viola [#] piano / and violoncello [#] / Sonate pour piano [#] Three pieces for string quartet / piano [#] string quartet / Three songs from William Shakespeare° / mezzo-soprano, flute, clarinet and viola° / Songs and Song Cycles° / Trois petites chansons [#] Two poems and three Japanese lyrics / Two poems of Verlaine° / Choral Works° / Anthem [#] A sermon, a narrative, and a prayer / Ave Maria [#] Cantata / Canticum Sacrum [#] Credo / J. S. Bach: Choral-Variationen [#] Introitus in memoriam T. S. Eliot / Mass [#] Pater noster / Symphony of psalms [#] Threni / Tres sacrae cantiones°< [° mittenzentriert; °° Titelfehler original].
K Catalog: Annotated Catalog of Works and Work Editions of Igor Strawinsky till 1971, revised version 2014 and ongoing, by Helmut Kirchmeyer.
© Helmut Kirchmeyer. All rights reserved.
http://www.kcatalog.org and http://www.kcatalog.net